Dr. Jakob Riemenschneider

(Justus-Liebig-Universität, Gießen)
Vortrag
„Perspektiven auf die Völkerwanderung: Quellen, Theorien, Probleme“
Abstract
Die Völkerwanderung ist bis heute ein sehr prominentes Thema in der Geschichtswissenschaft. Gemeinsam mit dem Fall des Römischen Reiches und der Christianisierung des Mittelmeerraums bildet die Völkerwanderung ein Dreieck epochemachender Entwicklungen, die die Spätantike zu den auch heute lebendigsten Forschungslandschaften gemacht haben. Gleichzeitig ist klar, dass die mit deren Deutung verbundenen Grabenkämpfe, Vereinfachungen und Zuspitzungen den Diskurs für die interessierte Öffentlichkeit verzerrt haben. Dabei bietet die Völkerwanderung sehr interessante Anknüpfungspunkte für aufschlussreiche vergleichende Strukturanalysen:
Über Themen wie weitgreifende Mobilität, politische und soziale Fragmentierung, oder auch genealogische Konzepte könnte man durchaus sinnvoll die Spätantike und das 21. Jahrhundert verbinden. Zur Erleichterung solcher Strukturanalysen wird dieser Vortrag aus der aktuellen Forschung heraus das Thema Völkerwanderung vorstellen. Der Fokus soll darauf liegen, den Zustand und die Entwicklung des Quellenbestandes zu erörtern: Auf welche Quellen ist die Forschung angewiesen, wie verändert sich das Bild durch neue Quellen? Mit welchen Theorien und Methoden wird mit den Quellen gearbeitet, und welche Konzepte verleihen der Forschung den Rahmen? Und auf welche Probleme trifft man bei der Deutung der Befunde, und bei der Verbreitung der Deutungen in den breiteren öffentlichen Diskurs? Diese Leitfragen sollen die differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema erleichtern.
Kurzvorstellung
Jakob Riemenschneider ist Althistoriker mit einem Schwerpunkt in der Spätantike. Er wurde 2023 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck promoviert und war vorher dort wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Roland Steinacher. Das aus der Promotion hervorgegangene Buch, „Prokop und der soziale Kosmos der Historiographie“ ist 2024 in den Millennium-Studien des De Gruyter Verlags erschienen.
Momentan arbeitet er an einem Projekt zu den Exarchaten von Ravenna und Karthago an der Justus-Liebig-Universität Gießen. In den vergangenen Jahren hat er sich intensiv mit Konzepten von Identität und Herrschaft beschäftigt, sowie mit deren Auswirkungen auf die Erforschung der Völkerwanderungszeit.