
Zum Vortrag:
Sieben Grafen und Herzöge aus der Dynastie Mark [Mark bei Hamm an der Lippe] regierten nach dem Aussterben des Grafenhauses Cleve im Mannesstamm [1368; Dynastie der Flamenses] zwischen 1368 und 1609 die Grafschaft Cleve-[Mark], ab 1417 Herzogtum Cleve-[Mark] und ab 1521 Vereinigtes Herzogtum Jülich-Cleve-Berg. Sie warteten mit einer Vielzahl von "natürlichen" Nachkommen auf: mindestens 18 Bastardkinder, von denen 15 offiziell in Regesten und Hoflisten über Versorgungsleistungen namentlich mit ihren jeweiligen Nachkommen registriert worden sind. [Vgl.: LAV-NRW-R, AA 0058 Kleve-Mark, Akten Nr. 22, und AA 0640 Kleve-Mark, Handschriften, Nr. A III 17; HAGEMANN 2020, Herrschaft und Dienst; NORGET (Hg.) 2022, Schattenfrau, 156 ff, und 2023, Überlebenskünstlerin]
Mit Bastardkindern der Grafen und Herzöge von Cleve, die amtlich registriert sind, ist erstmals Adolf III. von der Mark (c. 1332–1394) aktenkundig geworden, der als Graf Adolf I. von Cleve ab 1368 regierte. 1369 erwarb Graf Adolf I. Burg Rosau in Rees, zuvor bereits Amtssitz der Grafen von Cleve in der rechtsrheinischen Hetter. Einer außerehelichen Liaison im sozialen Umfeld von Rosau entsprang um 1370 der natürliche Sohn namens Johan van Rosenau, der später die Erbtochter desWilhelm von Loel ehelichte. Der Loelsche Familiensitz war Gut Grondstein bei Elten, ein Pachtgut des Reichsstifts Elten und Mannlehen des Landesherrn. Nach dem Tod des Gutsherrn ohne männlichen Nachkommen im Jahre 1396 ging das um 1378 zum Schloss ausgebaute Gut in die Landesherrschaft über. Graf Adolf II. übertrug Schloss Grondstein als Erbpachtgut am 12. Juni 1396 an Johan van Rosenau, der sich als Herr van Rosenau genannt Grondstein bezeichnete. [Vgl.: GIES 1951, 216]
Adolf IV. von der Mark (1373–1448), der nach dem Tod seines Vaters als Graf Adolf II. von Cleve ab 1394 und ab 1417 bis 1448 als Herzog Adolf I. über das Herzogtum Cleve mit der Grafschaft Mark regierte, wurde mit vier Bastardkindern auffällig. Ihre Mütter blieben unbekannt. Darunter befinden sich drei Bastardtöchter: 'Maria van Cleve' (* nach c. 1395), 'Griet van Cleve' und 'Elisabeth van Cleve genannt van Clarenbeke', 1433 Konventualin im Klarisssenkloster zu Clarenberg (St. Clara zu Hoerde) und benannt nach ihrer gleichnamigen Vorfahrin und Gründungsäbtissin Elisabeth von Cleve († 1361).
Von 'Maria van Cleve' wird noch im Exkurs die Rede sein. Der "natürliche" Sohn trug den Namen 'Johan van Cleve genannt van Blankenstein' (* ca. 1405) – vermutlich gezeugt nach dem frühen Tod von Adolfs erster Ehefrau Agnes († ca. 1404), Tochter des römisch-deutschen Königs (HRR) Ruprecht (III.) von der Pfalz († 1410) aus der Dynastie der Wittelsbacher. Über Johan van Blankenstein, seinen Familiensitz Gut Clarenbeck in Nütterden und seine Nachkommen wird der Referent schwerpunktmäßig im Kontext zu einer Bastardtochter von Herzog Johann III. sprechen.
Adolfs Sohn Johann I. von Cleve (1419–1481) trat in Papas Fußstapfen und zeugte außerehelich gleichfalls drei bekannt gewordene Bastardkinder: Engelbert van Cleve oo Margaretha van Sande, Maria van Cleve oo 1487 Johan van der Horst (Amtmann zu Huissen) und Adolf van Cleve (c.1450–1501) oo Alexandrine van Tengnagel, Tochter eines herzoglichen Gefolgsmannes aus dem Geldrischen Echteld. Adolf nannte sich Herr van Büderich und später Herr van Grondstein. Schlossherr wurde Adolf durch Kauf des Erbpachtrechts zu Lebzeiten von seinem kinderlosen Schwager Wilhelm van Grondstein, ein Enkel des Johan van Rosenau. Adolf hatte zuvor von seinem Vater eine Aufhebung der Mannlehnschaft des Schlosses und Erhebung zum Zutphenschen Lehen erwirkt. Maria erhielt von ihrem Vater als Mitgift das auf einer damaligen Rheininsel bei Elten gelegene Wasserschloss Heeshausen, ein weiteres Pachtgut des Reichsstifts Elten. [Vgl.: GIES 1951, 217]
Die "Hit Parade" der Väter der Bastardkinder führt der Sohn von Johann I., Johann II. von Cleve (1458–1521), an – im Volksmund trefflich als 'Jan dä Kindermaker' bekannt. Seine ihm angedichteten 63 "natürlichen" Kinder sind offenkundig eine Mär, weil offiziell "überschaubare" Hits mit acht nicht-ehelichen Kindern mit Nachnamen van Cleve und Rufnamen und späteren Ehepartnern wie folgt amtlich registriert wurden: Johan, Adolf oo Agnes van Hessen zu Hulhuizen, Elisabeth oo Constantin van Assenbroich, Elisabeth oo Godert van Bemmel, Elisabeth, Helena oo Otto van Bueren (Mitgift Haus Grieth), Dederick und Catharina. [Vgl.: LAV-NRW-R, AA 0058 Kleve-Mark, Akten Nr. 22]
Jans Sohn Johann III. von Cleve, ab 1511 Herzog von Jülich-Berg (iure uxoris) und ab 1521 Jans Nachfolger als Herzog des 'Vereinigten Herzogtums Jülich-Cleve-Berg' sind drei Bastardtöchter zuzuschreiben. Allesamt kamen sie erst 20 Jahre nach Johanns Tod unter dramatischen Umständen 1559 ans Tageslicht. In scharfen Verhören und unter Folter auf Schloss Tenneberg, Herzogtum Sachsen [-Gotha], von einer der drei, zuvor unbekannten Bastardtöchter wurde das wohlgehütete Familiengeheimnis offenbart. Die spektakuläre, einzigartige Lebensgeschichte dieser Halbschwester von Johanns ehelicher Tochter Anna von Cleve (1515–1557) als ihre "Gürtelmagd" und "Schattenfrau" als Pseudokönigin von England ist Gegenstand von zwei Bänden [NORGET 2022: "Die Gürtelmagd..." und "Die Schattenfrau..."] der Anna von Cleve-Trilogie des Referenten. Im Vortrag wird Annas Gürtelmagd & Schattenfrau als "Fallbeispiel" präsentiert.
Abschließend sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass es über die beiden letzten Herzöge der Dynastie Mark, Johanns Sohn Wilhelm V. (1516–1592) und dessen, dem totalen Schwachsinn verfallenen und zeugungsunfähigen Sohn Johann Wilhelm (1562–1609) zum Thema nichts zu berichten gibt. Zwei unbeschriebene Blätter!
Den ergänzenden Exkurs zu der o. g. 'Maria van Cleve', Bastardtochter von 'Adolf IV. von der Mark', übernimmt Paul-Josef Heister mit seinen Forschungsergebnissen zur mutmaßlichen Abstammung eines Zweiges der "Familie van Groesbeek" aus dem Haus Cleve, denn Maria van Cleve ehelichte einen aus der Waldgrafenfamilie van Groesbeek stammenden Sprössling mit dem Namen Seger.
Im Anschluss dieses Vortrages bittet Anna von Cleve um 15 Uhr zu einem Spaziergang durch die Stadt. Treffpunkt ist die Stiftskirche St. Mariä Himmelfahrt Kleve. Dieser Spaziergang (Führung) ist über das Stadtmarketing zu buchen.